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Trotz größerem Stress kamen die Studierenden mit dem ersten Online-Semester überwiegend gut zurecht

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Wie erging es Studierenden mit dem digitalen Semester im Sommer – sowohl was das Lernen selbst als auch die Stimmung betrifft? Diese Fragen hat eine Forschungsgruppe der FAU untersucht. Ihr Ergebnis: Die Studierenden kamen gut zurecht, nahmen durchschnittlich an mehr Lehrveranstaltungen teil als geplant, standen aber zunehmend unter Stress. Besonderes Augenmerk sollte auf Gruppen wie Erstsemester, Studierende mit Kind und jene, die ihre technischen Kompetenzen und die Ausstattung als gering einstufen, gelegt werden.

Über 5.000 Studierende befragte die interdisziplinäre Forschungsgruppe um PD Dr. Marion Händel, Lehrstuhl für Pädagogische Psychologie und Exzellenzforschung, mehrmals in der Zeit zwischen April und August für ihr FAU-E-Learning-Monitoring 2020. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler interessierte vor allem, ob sich die Studierenden gut gerüstet sahen, wie sie im Verlauf des Semesters mit den Herausforderungen umgingen und wie sie sich dabei fühlten.

Gute Ausstattung, hohe Kompetenz

Vor Semesterbeginn gaben 99 Prozent der Studierenden an, mit PC, Laptop oder Tablet ausgestattet zu sein, wobei Männer über eine etwas bessere technische Ausrüstung verfügten. Diese schätzten – wie im Übrigen die Masterstudierenden – ihre Kompetenzen für digitales Lernen höher ein. Insgesamt glaubten sich die Studierenden für das digitale Semester gut vorbereitet. Mehr als ein Drittel der Studierenden mit Kind hatte jedoch das Problem, einen ruhigen Arbeits- beziehungsweise Lernplatz zu finden.

Mehr Lehrveranstaltungen und neue Formate genutzt

Dank der technischen Möglichkeiten der Onlinelehre konnten die Studierenden mehrheitlich an mehr Lehrveranstaltungen teilnehmen als sie ursprünglich geplant hatten. Die Anreisezeiten zum Campus fielen ebenso weg wie Terminüberschneidungen – zeitversetzt abrufbare Vorlesungsaufzeichnungen räumten diese Probleme aus dem Weg. Solche Videos wurden im Laufe des Sommersemesters 2020 zunehmend häufiger abgerufen. Noch deutlicher nahm die Teilnahme an Livestreams zu, aber auch die Bearbeitung von Online-Lernmodulen oder Möglichkeiten der Onlinekommunikation, beispielsweise in Foren oder Chats, wurden mehr genutzt. Die neuen Lehrformate sorgten bis zur Mitte des Sommersemesters im Juni für einen Anstieg der digitalen Kompetenz der Studierenden.

Gleichzeitig stellte die digitale Lehre hohe Anforderungen an das selbstregulierte Lernen der Studierenden. Durch die Kombination synchroner und asynchroner Lehrveranstaltungsformate, die veränderte Lernumwelt, also zum Beispiel eingeschränkte Öffnungszeiten der Bibliotheken oder das Lernen im häuslichen Umfeld, und weniger Möglichkeiten zur Interaktion, wie der fehlende Austausch am Campus während sowie zwischen Lehrveranstaltungen, bedarf es selbstreguliertes Lernen mehr denn je. Dies unterstreichen die Studienergebnisse: Sie zeigen, dass die Studierenden ihr Lernverhalten im Semester weniger gut regulieren konnten was Aspekte wie Zielsetzung, Zeitmanagement oder Hilfesuchverhalten betrifft, als sie es sich noch zu Semesterstart vorgenommen hatten.

Stress-Erleben schon vor der eigentlich Prüfungsphase

Die neuen und vielfältigen Möglichkeiten bereiteten den Studierenden auch zunehmend Sorgen. Das Stresserleben war insbesondere bei denjenigen Studierenden erhöht, die sich weniger gut gewappnet für das digitale Studieren fühlten. Schon zur Semestermitte nahmen die Sorgen und empfundenen Anforderungen zu. Hinzu kam die zum Semesterende übliche Anspannung vor den anstehenden Prüfungen. Gleichzeitig nahm die erlebte Einsamkeit der Studierenden ab, was die Forscherinnen und Forscher um PD Dr. Marion Händel auf die Lockerung der Kontaktbeschränkungen im Laufe des Sommers in Kombination mit vermehrten Gelegenheiten zur digitalen Interaktion zurückführen.

Defensive, gruppenangepasste Webcam-Nutzung

Über die Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Befragung gab an, nur selten oder nie ihre Webcams bei Lehrveranstaltungen anzuschalten. Gründe für die Zurückhaltung waren weniger eine mangelnde technische Ausstattung als ein gruppenkonformes Verhalten sowie der Wunsch, die eigene Privatsphäre zu schützen. Stellte sich eine gute Arbeitsatmosphäre innerhalb der Lehrveranstaltung ein und wurde offen und transparent kommuniziert, so waren mehr und mehr Studierende bereit, über die eingeschaltete Webcam auch visuell an den Lehrveranstaltungen teilzunehmen. Angesichts dieser Befunde rät die FAU-Forschungsgruppe um PD Dr. Marion Händel den Dozentinnen und Dozenten, den Studierenden in der digitalen Lehre möglichst viele Gelegenheiten für Kommunikation und Interaktion untereinander sowie mit den Lehrenden zu bieten.

Empfehlung: Lehrangebote anpassen, E-Learning-Scouts einführen

Aufgrund der ersten Auswertungen des E-Learning-Monitoring 2020 empfiehlt die Wissenschaftlerin, bei der Vorbereitung und der Umsetzung des E-Learnings auf Studierende mit ungünstigen Voraussetzungen noch stärker einzugehen. Dazu zählt beispielsweise die besondere Berücksichtigung von Studierenden mit Kind bei der Vergabe von Kursplätzen, die mit Betreuungszeiten vereinbar sind. Studierende mit weniger Studienerfahrung, insbesondere Erstsemester, sollten ebenfalls gezielt unterstützt werden – beispielsweise durch Kursangebote zum selbstregulierten Lernen in Online-Lernumgebungen wie sie vom Zentralinstitut für Wissenschaftsreflexion und Schlüsselqualifikationen (ZiWiS) schon angeboten werden. In der Praxis könnten E-Learning-Scouts, also ältere, schon erfahrenere Semester den Jüngeren zur Seite stehen, ihnen hilfreiche Tipps und Hinweise geben – wie das im klassischen Präsenzstudium auch gemacht wird.

Ausführliche Informationen zum FAU-E-Learning-Monitoring 2020

Bild oben: Colourbox.de

Weitere Informationen

PD Dr. Marion Händel
Lehrstuhl für Pädagogische Psychologie und Exzellenzforschung
Tel.: 0911/5302-579
marion.haendel@fau.de